Zeitungsbericht zum Referat von Roger de Weck: eine Sternstunde für die Kulturelle Vereinigung

Die Kraft der Demokratie mobilisieren

Zum Auftakt der neuen Veranstaltungssaison der Kulturellen Vereinigung Bad Ragaz hielt Roger de Weck, der Bestsellerautor und ehemalige Generaldirektor der SRG im Kursaal des Grand Resorts Bad Ragaz das auf grosses Interesse gestossene Referat «Die Kraft der Demokratie»

von Hans Hidber, im Sarganserländer vom 3.10.22

Renato Bergamin, Präsident der Kulturellen Vereinigung, freute sich über den grossen Aufmarsch und hiess insbesondere Roger de Weck willkommen, der schon seit Jahren auf der Wunschliste als prominenter Referent von internationalem Format gestanden habe. Dieser wies einleitend auf die aktuellen Brandherde wie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die unverhohlenen Drohungen Chinas mit einer gewaltsamen Annexion von Taiwan. Er erwähnte auch das zunehmende Aufkommen von autoritären Rechtspopulisten an den Schalthebeln der Macht. Als krasses Beispiel einer Verachtung demokratischer Werte nannte er Donald Trump mit seinen fanatisierten Anhängern, die mit der Stürmung des Kapitols einen eigentlichen Putsch im Sinne hatten.

«Diktatoren werden dumm»

Weil ihnen aus ihrem Umfeld niemand die Wahrheit zu sagen getraut, verlieren Diktatoren und Autokraten den Bezug zur Realität und werden dumm, so der Referent. «Es gibt nichts Gefährlicheres als die Dummheit eines unberechenbaren Alleinherrschers». Er hält die heutige Situation (Angriffskrieg Ukraine) gefährlicher als seinerzeit die Kubakrise. Damals habe es in der zwar auch totalitären Sowjetunion im Gegensatz zum heutigen Russland ein strukturiertes und deshalb besser berechenbares Machtgefüge gegeben. Das Vorgehen der an die Macht gelangenden Autokraten ist fast immer gleich: Knebelung der Presse- und Redefreiheit, Einsetzung einer willfährigen und nicht mehr unabhängigen Justiz, Desinformationen, Korruption und Verfolgung Andersdenkender.

Damit schotten sie sich immer mehr von der Demokratie ab.

Demokratische Institutionen reformieren

«Eine Demokratie ist nie ganz perfekt, das wäre ein Widerspruch in sich» hielt de Weck fest. «Aber noch nie hat ein demokratischer Staat eine andere Demokratie mit Krieg angegriffen.» Anstatt den zunehmenden antidemokratischen Strömungen mit untätigem Defaitismus hinzunehmen, müsse man diesen mit «Ruhe und Entschlossenheit» entgegentreten und die Werte der Demokratie verteidigen. «Dazu müssen wir die demokratischen Institutionen modernisieren und aktionsfähiger machen», betonte de Weck. Wichtig sei, die Jugend schon früh in diesen Prozess einzubinden, indem man ihre Anliegen ernst nehme und sie unterstütze. So müsse zum Beispiel die Natur zur Teilnehmerin der Demokratie werden. «Sehr wichtig für die Erhaltung demokratischer Werte ist die Förderung und Unterstützung der unabhängigen Medien.

Optimist trotz allem

Trotz der derzeitigen trüben und bedrohlichen Aussichtigen versteht sich Roger de Weck als Kulturoptimist, der an das Gelingen der Reaktivierung der demokratischen Kräfte wider den Defaitismus glaubt und gab zum Abschluss seines spannenden und mit grossem Beifall bedachten Referats eine zum Schmunzeln anregende Erklärung über den Unterschied zwischen Optimist und Pessimist: «Der Optimist glaubt, dass es gut herauskommen wird, und der Pessimist befürchtet, dass der Optimist recht hat.» Anschliessend an das Referat gab es für das Publikum noch eine Fragerunde,

in der unter anderem die Themen Zukunft der Nationalstaaten und die Neutralitätspolitik zur Sprache kamen. Zu Letzterem betonte der Referent, dass bei einer Umgehung der Sanktionen die Banken pleite gegangen wären und die Schweiz nicht zum Schlupfloch der Oligarchen werden wollte. Renato Bergamin schloss den Anlass mit der wohl kürzesten und prägnantesten Zusammenfassung der ganzen komplexen Thematik mit dem Goethe zugeschriebenen Zitat «Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf».