FREITAG – eine Erfolgsgeschichte : Zeitungsbericht zum Vortrag

Die FREITAG-Tasche, eine Erfolgsgeschichte

Mit ihrem Auftritt bescherten die beiden Brüder Markus und Daniel Freitag, Erfinder der weltweit zum Kultobjekt gewordenen FREITAG-Tasche, der Kulturellen Vereinigung Bad Ragaz einen vollen Kursaal. Schon die witzige Art der Präsentation im Doppelpack bot einen hohen Unterhaltungswert.
von Hans Hidber

Bad Ragaz. – «Full house» stellte Renato Bergamin, Präsident der Kulturellen Vereinigung bei der Begrüssung der beiden Referenten und des zahlreich erschienenen Publikums mit Freude fest. Der Grafikdesigner Daniel und der Ausstellungs- und Dekorationsgestalter Markus Freitag kamen 1993 als erst gut 20-Jährige auf die Idee, aus LKW-Planen, Fahrradschläuchen, Autogurten und Airbags Taschen für verschiedene Verwendungszwecke herzustellen. Dazu inspiriert wurden sie durch den enormen Fernlastverkehr auf der Zürcher Hardbrücke im Blickfeld aus ihrer WG-Küche – täglich Tausende Lastwagen mit Planen unterschiedlichster Farben und Beschriftungen. Die erste Kuriertasche F13 TOP CAT war den New Yorker Fahrradkuriertaschen nachempfunden, im Laufe der Jahre entwickelten die Brüder Freitag über 40 Modelle verschiedener Kaliber in «unübertrefflicher Funktionalität und mit der Patina ihres früheren ‘Lebens’», so Renato Bergamin in seiner Einführung.

Zuerst auf Mutters Nähmaschine
Der Vortrag begann ganz unkonventionell mit einer Publikumsbefragung über die interessierenden Themen, die angesprochen werden sollten. Der eine fragte, der andere notierte die Stichworte auf gelben post-its, die am Referentenpult aufgeklebt und im Verlaufe des Abends «abgearbeitet» wurden. Das erste Bild auf der Bildschirmpräsentation war symptomatisch für das höchst erfolgreiche Wirken des Brüderpaars: Als noch kleine Knirpse waren sie in einem Karussellauto mit zwei Steuerrädern zu sehen. Bereits auf ihre Kindheit zurück geht auch ihr Interesse am Recycling, so sammelten sie schon früh Alteisen aus den für die «Güselabfuhr» bereitgestellten Abfällen; ebenso wurden sie im familiären Umfeld für den schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen sensibilisiert. Die ersten Taschen nähten sie noch mit Mutters Nähmaschine in ihrer WG zusammen. Eine robuste und leistungsfähige «Adler»-Nähmaschine war denn auch ihre erste grössere Investition.

Jede Tasche ein Unikat
Die beiden Brüder schilderten auf spannende und auch witzige Weise, wie sich ihre Firma aus bescheidenen Anfängen am Küchentisch der WG zum heutigen Unternehmen mit 150 Beschäftigten entwickelte, das jährlich 350 Tonnen Lkw-Planen, 18 0000 Fahrradschläuche und 150 000 Autogurten verarbeitet und rund 300 000 Taschen verkauft. Die Fabrik – Design, Produktion, Verpackung, Lager, Büro fand bis 2011 auf dem Zürcher Maag-Areal statt und anschliessend in Zürich-Oerlikon im Gewerbehaus NOERD. Nach dem Waschen und Zerlegen der Planen werden die Taschen immer noch von Hand zugeschnitten, denn jede Tasche ist ein Unikat. Eines der Erfolgsgeheimnisse ist die Verbindung von origineller Ästhetik, Funktionalität und qualitativer Nachhaltigkeit. Und immer wieder werden neue Designs und Formate kreiert. Die FREITAG-Kulttasche wird weltweit in 460 Geschäften und 10 «Flagshipstores» vertrieben. Beim Bahnhof Hardbrücke ragen 17 aufeinander gestapelte Fracht-Container 26 Meter hoch in den Himmel. Sie beherbergen mit 1’600 Taschen auf vier Ebenen die grösste Auswahl an «Individual Recycled Freewaybags».

Kompostierbare Hosen?
Seit 2014 stellt Freitag auch Kleider aus dem neuen Material F-ABRIC her: Selbst entwickelte Textilien aus Bastfasern, Leinen und Modal, in Europa mit minimalem Ressourceneinsatz produziert und biologisch abbaubar. Sie wurden während Monaten auf ihre Robustheit, Tragkomfort, Partytauglichkeit und andere Eigenschaften getestet. Denn auch für dieses Produkt gilt es, den hohen Qualitätsanforderungen zu genügen und erst noch gut auszusehen. Im Gegensatz zu den unverwüstlichen Taschen, die wohl in Ewigkeit nie verrotten, können diese Textilien nach jahrelangem Tragen einmal ohne Bedenken dem Kompost anvertraut werden, das ungiftige Material ist vollständig abbaubar. Hosen auf dem Kompost? Kein Witz. Am Schluss der Veranstaltung wurden die anwesenden Freitag-Fans eingeladen, ihre allfällig mitgebrachten Taschen zu einem Stelldichein auf der Bühne zu deponieren. Ein einmaliges, entsprechend eifrig fotografiertes Taschentreffen.
Box

Auf dem Boden geblieben
Im Schlusswort hielt Renato Bergamin fest, dass der unglaubliche Erfolg der FREITAG-Tasche ihren Erfindern nicht in den Kopf gestiegen ist. «Sie sind auf dem Boden geblieben.» Davon konnte sich auch das Publikum überzeugen, das immer wieder zum Schmunzeln und Lachen kam. Markus und Daniel Freitag fahren mit dem Velo zur Arbeit und widmen sich voll der kreativen Weiterentwicklung ihrer Produkte, begeben sich auch auf Marketingtour ins Ausland. Als sich die Firma immer mehr zu einem respektablen Unternehmen entwickelte, kauften sie sich jene Bereiche zu, die sie nicht selber abdecken wollten und konnten: Finanzen, Human Resources, Geschäftsleitung. Beide wollen als Designer, Grafiker bzw. Ausstellungs- und Dekorationsgestalter tätig bleiben und nicht «im Administrativen versinken und Sitzungen leiten».

Gebrüder Freitag
Kommen beim Publikum gut an: Die Brüder Markus (links) und Daniel Freitag, Erfinder der FREITAG-Taschen.

Freitag-Taschen

Einmaliges Taschentreffen: Freitags-Fans haben ihre mitgebrachten Kulttaschen auf der Bühne deponiert. Bilder Hans Hidber