Zeitungsbericht zum Anlass mit Catalin Dorian Florescu

Geschichten aus dem Donaudelta

Beim Literaturfrühstück, organisiert von der Gemeindebibliothek Bad Ragaz/Taminatal und der Kulturellen Vereinigung Bad Ragaz, kamen die zahlreichen Literaturfreunde im Sorell Hotel Tamina in den Genuss einer unterhaltsamen Lesung des preisgekrönten Schriftstellers Catalin Dorian Florescu.

von Hans Hidber

Bad Ragaz. – Dass es eine unkonventionelle Literaturlesung geben würde, zeigte sich schon, als sich Schriftsteller Catalin Dorian Florescu statt an ein Rednerpültchen auf einen Tisch setzte und während des ganzen Anlasses im intensiven Blickkontakt mit dem Publikum blieb. Die Lesung war eingebettet in ein reichhaltiges Frühstück des gastgebenden Sorell Hotels Tamina. Für Verena Wick, während 25 Jahren Vorstandsmitglied der Kulturellen Vereinigung, war es der letzte von ihr organisierte Anlass. Für ihr unermüdliches Wirken, das im Hintergrund noch andauert, durfte sie den herzlichen Applaus des Publikums entgegennehmen. Sie stellte den preisgekrönten Schriftsteller kurz vor: C.D. Florescu wurde 1967 in Rumänien geboren, lebt seit 1982 in Zürich, hat dort Psychologie und Psychopathologie studiert, ist mittlerweile Schweizer und seit 2001 freier Schriftsteller. Unter den verschiedenen Auszeichnungen seien hier der Schweizer Buchpreis 2011 für seinen Roman «Jacob beschiesst zu lieben» und den Josef-von Eichendorff-Literaturpreis 2012 für sein Gesamtwerk erwähnt.

 

Lachen als Ventil

Der Schriftsteller wurde in eine Zeit der kommunistischen Diktaturen hineingeboren, konkret in das Rumänien des Autokraten Ceausescu, das im Verein mit der Sowjetunion und seinen Satelliten dem Ostblock zugehörte. Hinter vorgehaltener Hand kursierten in einer Art Galgenhumor Witze über die Potentaten von Rumänien bis Ostdeutschland. Florescu gab in seinen einleitenden Ausführungen einige davon zum Besten. Eigentlich waren die prekären wirtschaftlichen und politischen Lebensumstände der totalitären Staaten überhaupt nicht zum Lachen. «Aber es war das Ventil und die stille Rache der Bürger, die sich sonst gegen die Unterdrückung nicht zur Wehr setzen konnten.» Und: «Wer lacht, weint nicht.» Der Buchautor schilderte zum besseren Verständnis der Hintergründe seiner literarischen Werke das vielfältige Völkergemisch und die atemberaubend schöne Landschaft mit reichhaltiger Flora und Fauna im und rund ums Donaudelta. Mit seiner ausgesprochenen Erzähl- und Fabulierkunst fesselte er das Publikum während fast zwei Stunden, ohne dass auch nur eine Sekunde Langweile aufkam.

 

Bücher voller Leben

Für die Autorenlesung wählte Florescu aus seinen Werken Auszüge aus den Büchern «Zaira» und «Der Mann, der das Glück bringt» aus, nachdem er im Vorspann auch noch frei über die Romanfigur «Der blinde Masseur» erzählt hatte. Überhaupt war es mehr ein unterhaltsames Erzählen als ein auf die Buchtexte fixiertes Lesen, was auch ganz dem lebendig geschriebenen Inhalt seiner Werke entspricht. Anschaulich beschrieben wird das kärgliche Leben in Rumänien mit berührenden und oft auch amüsanten Details, die unerfüllten Hoffnungen mancher Auswanderer, die völlig desillusioniert vom «Land der Verheissung» in den Strassenschluchten New Yorks strandeten. Keine einfach gestrickten Geschichten mit einem obligaten Happyend, dafür voller Dramatik und leiser Melancholie und auch immer wieder aufscheinender Komik. Die Romane wirken nicht zuletzt so authentisch, weil sie wohl auch autobiografische Elemente des Autors und seines familiären Umfeldes in sich bergen.

Geschichten, in der nicht Helden oder überzeichnete Romanfiguren, sondern kleine Leute mit ihren Ängsten, Sehnsüchten und Hoffnungen die Hauptrolle spielen.