Zeitungsbericht: Fredy K N I E im Gespräch

Fredy Knie: seit 70 Jahren im und mit dem Zirkus unterwegs

An einem weiteren Vortragsabend der Kulturellen Vereinigung Bad Ragaz erzählte Zirkusdirektor Fredy Knie jun. (1946) im Gespräch mit Renato Bergamin von seinen ersten Auftritten in der Manege, über seine Leidenschaft für Pferde, das Leben im und für den Zirkus und gab interessante Einblicke hinter die Kulissen.

von Hans Hidber

Bad Ragaz. – Der prominente Gast, vorgestellt von Claudia Biel vom Vorstand der Kulturellen Vereinigung, zeigte sich positiv überrascht, dass trotz des Prachtstages, lockendem Skivergnügen und Fasnachtsaktivitäten so viele Interessierte den Weg in den Kursaal gefunden hatten. Kein Wunder, gehört doch der bald 200-jährige «Schweizer National Circus» zum Kulturgut der Schweiz und ist wohl jedem Kind ein Begriff. Bis in die früheren Siebzigerjahre gastierte der Zirkus abwechslungsweise mit Buchs auch auf dem früheren Markthallenareal beim Bahnhof Sargans. Zur Einstimmung in den Gesprächsabend zeigte ein Kurzfilm in gerafftem Zusammenschnitt Szenen aus verschiedenen Zirkusprogrammen im Laufe der Jahrzehnte, unter anderem auch den ersten Dressur-Auftritt des erst vierjährigen Fredy Knie auf einem Pony an der Seite seines gleichnamigen Vaters (1920 – 2003), dazu viele Highlights mit bekannten Artisten, Clowns sowie Dressurnummern, wie etwa der Ritt der Bengaltigerin India auf dem Breitmaulnashorn Zeila – eine Weltsensation (1972).

 

Ein Herz für Tiere

Fredy Knies grösste Leidenschaft gilt seit seiner frühesten Kindheit den Pferden. Als erstes Spielzeug haben ihn nur kleine Holzpferdchen und nichts Anderes sonst interessiert. Heute ist Fredy Knie einer der europaweit führenden Experten der Pferdedressur. «Mir ist aber jedes Tier ans Herz gewachsen», betont er. Die Elefanten wurden zwar aus dem Zirkusprogramm genommen, leben aber in der grosszügig und nach den neuesten Forschungskriterien erbauten Anlage im Kinderzoo Rapperswil besucht werden. «Wir beteiligen uns an einem internationalen Zuchtprogramm zur Erhaltung der asiatischen Elefanten, die vom Aussterben bedroht sind.» Was passiert mit den in die Jahre gekommenen Pferden, die in der Manege nicht mehr mithalten können? so eine Frage aus dem Publikum. «Sie gehören bis zu ihrem Lebensende zu uns», erklärte Fredy Knie. Dabei werde ihnen als «Pensionierte» die gleiche Tagesstruktur geboten wie zu ihren Aktivzeiten; ein Beschäftigungsprogramm nach ihren Möglichkeiten und mit Auslauf auf der Weide. «Sie sollen sich nicht in ein Altersheim abgeschoben fühlen.»

 

Multikulturelles Zusammenleben

Das Zusammenleben auf engstem Raum von Menschen verschiedener kultureller Herkunft und Religionen führt sonst nicht selten zu Reibungen und Auseinandersetzungen. Nicht so beim Zirkus Knie, dessen Belegschaft sich aus verschiedenen Nationen zusammensetzt. Das Rezept fürs friedliche Zusammenleben: «Zwei Dinge sind bei uns tabu: Über Religion und Politik wird nicht gesprochen», so Fredy Knie. Damit entfalle der Zündstoff für Feindseligkeiten im Kleinen wie im Grossen. Es sind denn auch die beiden Komponenten, die weltweit wohl am meisten für Intoleranz, Hass, Unterdrückung und Terror verantwortlich sind. Unter anderem kann sich der Zirkus auf die starke Fraktion von gegen 50 Marokkanern verlassen, die immer wieder aus ihren eigenen Reihen und in eigentlichen Familiendynastien für Nachwuchs und Kontinuität sorgen. «Jeder Angestellte weiss genau, was er zu tun hat». Nur so sei es möglich, dass nach einer abendlichen Abschiedsvorstellung das Zelt mit der ganzen Infrastruktur bereits am folgenden Mittag am neuen Ort stehe.

 

Mit der Zeit gehen

Fredy Knie, der auch als 70-Jähriger immer noch mit ungebrochenem Engagement lange Arbeitstage bewältigt – morgens Beschäftigung mit den Tieren, nachmittags Büroarbeit und abends in der Manege – ging noch auf verschiedene weitere Fragen des Moderators und auch aus dem Publikum ein. Gefragt, ob er nicht einige Highlights aus dem bereits konzipierten Programm 2018 verraten wolle, meinte er: «Für mich muss das ganze Programm ein Highlight sein». Welches einzelne Höhepunkte seien, müsse dann das Publikum entscheiden. «Jedes Programm ist ganz anders als das vorausgehende». Und mit Blick auf die Zukunft: «Zum Überleben muss auch der Zirkus mit der Zeit gehen und sich neuen Erkenntnissen und Vorlieben des Publikums anpassen.»